10. Internationale Russisch-Olympiade
23. Juni - 1. Juli 2001
Staatliches Puschkin-Institut, Moskau

Olympia-Tagebuch
der deutschen Delegation

Es berichten Lee Gunning (Stufe 12) aus Emmerich und Alexander Mukasa (Abitur 2001) aus Lüdenscheid, beide NRW.
Samstag, der 23. 6. 2001
Düsseldorf 12 Uhr.
Wir erfahren, dass wir eineinhalb Stunden hätten länger schlafen können. 15 DM Essensgutschein von Aeroflot lindern den Schmerz.
Airbus 310 15.30 Uhr.
Lüftung kaputt, Tür auf, Tür zu, Tür auf, Tür zu (damit wenigstens ein bißchen Sauerstoff in den Flieger kommen kann). Eine Stunde später endlich Abflug.
Moskau ca. 22 Uhr.
Scheremetevo 2 betört uns mit seiner herrlichen Plattenbaukonstruktion.
Abends Ankunft in der Herberge. Die Zimmer überraschen mit einer erstaunlich hohen Insektendichte, was wahrscheinlich an der extrem renovierungsbedürftigen Bausubstanz liegt.
Sonntag, der 24. 6. 2001
Die Angst vor dem Badezimmer nimmt langsam ab. Selbst der Fahrstuhl macht einem keine Angst mehr. Langsam kann man sich hier richtig wohl fühlen...

Es berichten Maia Höding, Klasse 10, aus Magdeburg, Sachsen-Anhalt, Anne Klein, Klasse 9, aus Allrode, Sachsen-Anhalt, und Christiane Lanzke, Stufe 11, aus Leipzig, Sachsen.
Sonntag, der 24. 6. 2001
Auf der Tagesordnung steht ein Besuch des Kremls. Es regnet aus Eimern. Als wir endlich in den überfüllten Bus steigen, hört es auf zu regnen. Nach einigen Schwierigkeiten mit dem Gepäck beginnt gegen Mittag die Führung.

Wir erfahren Einzelheiten über die Geschichte des Kremls. Die Fotoapparate gezückt geht es vorbei an der Zarenkanone und der Zarenglocke. Darauf folgen Gruppenfotos vor der Erlöserkathedrale. Schließlich genießen wir den Ausblick auf die Moskva und bedanken uns für die Führung.

Es berichten Susanne Strauß, Wildberg/Sulz an Eck, Stufe 13, und Catherine Machacek, Stuttgart, Stufe 11, beide aus Baden-Württemberg.
Sonntag, der 24. 6. 2001
Bootsfahrt auf der Moskwa
Nach dem Kreml-Besuch machte ungefähr die Hälfte der Gruppe eine Fahrt über die Moskwa. Vom Boot aus sahen wir das Olympiastadion, die Außenmauern des Kremls, das recht monumentale Peter-der-Große-Denkmal von Cereteli und einen Vergnügungspark.

Außerdem hatten wir Zwei die Gelegenheit, aktive Landeskunde zu betreiben. Dabei erfuhren wir unter anderem, dass die Moskauer nicht nur sehr kontaktfreudig, sondern auch ziemlich großzügig sind.

Wir lernten nämlich einen russischen Studenten kennen, der uns die russische Mentalität näher brachte: von der Kunst, Müll richtig zu entsorgen, über die Bedeutung des Heiratens, bis hin zur Art der Russen, sich zu entspannen.

Nach dieser Stunde Bootsfahrt, inklusive Sprachtraining, machten wir uns dann wieder zu Fuß auf den Weg, um Moskau weiter zu erkunden.

Es berichtet May-Britt Hain, 10 Klasse aus Kiel, Schleswig-Holstein
Sonntag, der 24. 6. 2001
Nachmittag.
Nachdem wir den Kreml besucht hatten, teilten wir uns in Gruppen auf. Ich schloss mich der Gruppe mit Herrn Dropmann, Herrn Nickig und Frau Otto an. Wir machten eine Bootsfahrt auf der Moskwa und hatten sogar schönes Wetter. Die Ruhe tat uns richtig gut. Anschließend kamen wir auf dem Weg zum Roten Platz an einem Kloster (Novospasskij monastyr') vorbei. Um hineingehen zu dürfen, mussten wir Mädchen ein Kopfttuch und einen Rock anziehen. Doch so konnten wir sogar eine Weile am Gottesdienst teilnehmen.

Den Roten Platz empfand ich als sehr beeindruckend und die Basiliuskathedrale ist wunderschön. Man wusste gar nicht, wo man zuerst hinschauen sollte.

Danach trennten wir uns noch einmal im GUM. Die nächsten Treffpunkte waren um 20.00 h und um 22.30 h vor der Basiliuskathedrale. Doch die Rückfahrt um 20.00 h sollte aus unterschiedlichen Gründen komplizierter werden als geplant. Aber mit ein bisschen Geduld und dem einen oder anderen Stimmungsmacher war das für uns kein Problem.

Es berichtet Anne-Kathrin Schumann, Stufe 12, Erfurt, Thüringen
Sonntag, der 24. 6. 2001
Novospasskij monastyr'.
Vielleicht ist ja die ernste Religiosität von Klöstern und Kirchen gerade für jene Menschen besonders beeindruckend, die keiner anerkannten Religion angehören.

Solche und ähnliche Gedanken bewegten mich, als ich das Novospasskij monastyr`am Ufer der Moskwa wieder verließ. Auf dem Klostergelände selbst freilich war ich in atemloser Bewunderung begriffen. Denn schon allein die Tatsache, daß Frauen und Mädchen nur in Rock und Kopftuch das Eingangstor passieren durften, machte deutlich, daß ein russisch-orthodoxes Kloster ein besonderer Ort ist: Die Vergangenheit ist hier noch lebendig. Tatsächlich trumpfte die Hauptkirche des monastyr`auch nicht mit übermächtiger Monumentalität auf, sondern mit dem feierlichen Duft von Weihrauch, wunderbaren freskengeschmückten Wänden und einer bis zur Decke reichenden Ikonenwand.

Der Gottesdienst mit seiner für Westeuropäer eigentümlich anmutenden Liturgie bestätigte dann vollends unsere Vermutung, daß in einer Stadt wie Moskau, in der sich stündlich, ja, beinahe minütlich alles verändert, die Klöster und Kirchen noch Orte sind, an denen man eines finden kann: Ruhe der Seele.

Es berichten Sina Stamm (Stufe 11) aus Crossen, Thüringen, Korinna Schröter (Abi 2001) aus Oststeinbeck, Hamburg, Lee Gunning (Stufe 12) aus Emmerich, NRW
Nach dem Frühstück oder auch nicht
Kam ein großer Wicht
Und einer mit mehr Bart als Gesicht.
Sie scheuchten uns in den Raum 407,
wo wir ´ne Menge schrieben,
doch wenig ist geblieben!
Die Gesangseinlagen waren ja schon
fast so gut wie John-
Lennon.
Das Mittagessen war sehr lecker,
etwas für ganz besond´re Feinschmecker.
Wir liebten es so wie morgens den Wecker!
Der Buchweizen
Führte zu Brechreizen
Und konnte uns richtig einheizen!
Krumm bogen wir die schönste Gabel,
so schnell wie Erik Zabel.
Dies ist keine Fabel!
DOCH gibt´s eine Moral:
Manchmal hast du keine Wahl,
du musst hart sein wie Stahl!!!

Es berichtet Martin Fischer, Stufe 12, Berlin
Montag, der 25. 6. 2001
Diskothek.
Von 20:30 Uhr bis 22:30 Uhr wurde am Montagabend im Foyer des Wohnheims die erste Diskothek durchgeführt, die nach ungewöhnlich kurzer Anlaufphase bald gut frequentiert wurde. Zwei Stunden lang tanzten, wenn vielleicht nicht alle 43, so doch sehr viele Delegationen fröhlich miteinander, und entsprechend international war auch die Musik.

Auch die Disko stand natürlich im Zeichen des "interkulturellen Erfahrungsaustauschs", während die verschiedenen Tanzstile aufeinanderprallten... Aber unstreitbar hat die Disko allen Spaß gemacht und trug bereits viel dazu bei, daß auf der Olympiade von nun an eine sehr freundschaftliche und vertraute Atmosphäre herrschen sollte. Und immerhin konnte man auch für zwei Stunden vergessen, daß am nächsten Morgen die ersten Prüfungen anstehen sollten...

Es berichten Felix Rasche, Berlin, und Sven Langbein, Uelzen, Niedersachsen, beide 10. Klasse
Dienstag, der 26. 6. 2001
Mündliche Prüfung.
Aufregung schon beim Duschen, was sich dann auf das Frühstück übertrug. Schnell gegessen, da um 9 Uhr schon die Prüfung begann. Nach stundenlangem Warten wurden wir mehr oder weniger gut vorbereitet in die Räume gerufen, wo uns die Prüfer samt Aufgaben schon sehnsüchtig erwarteten. 20 Minuten Vorbereitung auf drei Aufgaben: Über ein ausgewähltes Thema mit den russischen Schülern unter der Aufsicht der Prüfer sprechen, künstlerischen Beitrag vortragen und zu dem erhaltenen Text reden.

Die Prüfer waren sehr freundlich, sprachen einem Mut zu, und waren letzten Endes sehr begeistert. Nach der Prüfung sehr erleichtert, da die erste Hürde hinter uns lag.

Es berichtet Antje Borgwardt, 10. Klasse, Wackerow, Mecklenburg-Vorpommern
Dienstag, der 26. 6. 2001
"Schwanensee" im ...-Theater.
Schnellen Schrittes rannten wir Herrn Dropmann hinterher, der mit uns (insgesamt waren wir 7 Leute) von der Metro-Station über den Arbat zum Theater flitzte. Wir waren nämlich mal wieder etwas spät dran.

Da wir ja leider keine Karten fürs Bolschoi gekriegt hatten, entschieden wir uns dann für diese Vorstellung von Tschaikowskis "Schwanensee". Vom Ballett waren wir begeistert, nur leider gab es einen großen Nachteil: Es gab kein Orchester - die Musik kam vom Band, worauf man in Russland wohl gefasst sein sollte. Insgesamt war es aber trotzdem ein netter Abend.

Es berichtet Tanja Kohlsmann, Klasse 10, Barth, Mecklenburg-Vorpommern
Mittwoch, der 27. 6. 2001
Gestern gabs den ersten Streich, doch der zweite folgte gleich Nachdem wir so mehr oder weniger zufrieden den ersten Prüfungstag überstanden hatten, konnten wir uns geistig gleich auf den nächsten vorbereiten. Na ja, jedenfalls insofern es uns möglich war..

Dass unsere panische Angst als unser ständiger Begleiter agierte, muss wohl kaum noch erwähnt werden. Jedoch war die anfänglich extreme Nervosität von gestern fast verschwunden. Nach einer Vorbereitungszeit von ca. 25 Minuten ging es an die Prüfungen, die uns unterschiedlich schwer fielen. Unsere Prüfer waren, was die geforderte Landeskunde anging, wirklich sehr freundlich - schließlich kann man ja nicht alles und jeden in Russland kennen.

So ging dann für uns der Tag der zweiten und letzten mündlichen Prüfung mit einem erleichterten Gesichtsausdruck zu Ende. Folgen sollte nun nur noch das schriftliche Examen, und dabei ist es in der Regel schwerer, sich öffentlich zu blamieren - oder?!

Es berichtet Alex Lotz, Stufe 12, Teltow, Brandenburg
Mittwoch, der 27. 6. 2001
Mündliche Prüfung, Gruppe II.
Wie auch schon am Vortag begann die Prüfung um 9 Uhr. Jeweils fünf Prüflinge mussten sich in einen Raum zur Vorbereitung begeben. Dieser Raum war auch gleichzeitig der Prüfungsraum. Alle Prüflinge aus meiner Gruppe wählten die Variante, bei der die Aufgaben per Los gezogen wurden. Zwei Lose mussten gezogen werden, aus denen dann eins mit der endgültigen Aufgabenstellung ausgewählt werden konnte. Als Themen standen u.a. zur Auswahl: Geschichte, russische Komponisten, russische Schriftsteller, Moskau, Ballett oder St. Petersburg.

Nach zwanzig Minuten Vorbereitungszeit wurde der erste Prüfling gebeten, seine Antworten darzulegen. Während dieser Zeit blieben die vier weiteren Schüler im Hintergrund sitzen und konnten die Zeit zum Zuhören oder zur weiteren Vorbereitung nutzen. Drei Prüfer warteten gespannt auf die Rede des Prüflings. Doch leider war die Stimmung weniger locker als am Vortag, die Prüflinge waren aufgeregter und nervöser, die Atmosphäre äußerst angespannt. .

Es berichtet Martin Fischer, Stufe 12, Berlin
Mittwoch, der 27. 6. 2001
Besuch der Tretjakowka.
Nach zwei Tagen mit anstrengenden und nervlich doch sehr belastenden mündlichen Prüfungen war es dann am Mittwoch gegen 16 Uhr endlich soweit - einer der absoluten Höhepunkte des Kulturprogrammes stand an, und wir durften uns nach all dem Stress wie richtige Moskauer Touristen fühlen.

Schließlich ging es in die berühmte "Staatliche Tretjakow-Galerie" oder kurz "Tretjakowka". Wie Kreml, Roter Platz und die Twerskaja kommt auch die Tretjakowka in jedem Russischlehrbuch vor und gehört zum absoluten Standardprogramm eines jeden Moskaubesuchers. Dies kann man leider nicht von der Zweigstelle der Tretjakow-Galerie am Ufer der Moskau behaupten, die uns vor diesem Tag völlig unbekannt war - obwohl dort so herausragende Gemälde des 20. Jahrhunderts ausgestellt sind wie das berühmte »Schwarze Quadrat« von Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch.

Doch zurück zur "richtigen" Tretjakowka, in der man die Perlen der russischen Malerei des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts zu sehen sind. Mit einer Bescheinigung des Puschkin-Instituts kamen wir für den russischen Preis von 10 Rubel anstelle des Ausländertarifs von 210 Rubel in die Galerie hinein, was für viele von uns ein durchaus entscheidender Faktor war, trotz akuten Schlafmangels mitzukommen - auch wenn die Tretjakowka durchaus die 210 Rubel wert wäre.

In den 62 Ausstellungssälen befinden sich jede Menge bekannter und interessanter Gemälde - auch wenn die ersten sieben unter ihnen mit ihren Zaren-Portraits und romantischen Landschaften wirklich nur unter historischen Gesichtspunkten interessant sind. Doch bereits im 8. Saal folgt eins der absoluten Highlights der Galerie - "Christus erscheint dem Volke" von Alexander Andrejewitsch Iwanow (1806-1858), ein Gemälde, das schon mit seinen gewaltigen Ausmaßen beeindruckt.

Ausgestellt sind in diesem Saal außer dem Bild selbst, an dem der Künstler fast sein ganzes Leben über gearbeitet hat (1837-1857), auch viele Detailskizzen und Gesamtentwürfe, so daß der Schaffensprozeß sehr gut nachvollzogen werden kann. Ab Saal 17 beginnt dann die Sammlung neuerer russischer Kunst mit so bekannten Gemälden wie "Nacht über dem Dnjepr", "Die Helden" oder die Werke des großen russischen Naturmalers Schischkin.

Unglücklicherweise waren gerade die Säle 27-31 wegen "technischer Gründe" geschlossen, so daß uns einige der besten Bilder vorenthalten blieben, darunter "Iwan der Schreckliche und sein Sohn Iwan am 16. November 1581", "Die Apotheose des Krieges" und "Die Wolgatreidler". Trotzdem lohnt sich die Tretjakowka natürlich absolut, und sie lohnt sich auch für Wiederholungstäter, denn fast alle Gemälde sagen etwas über Rußland und russische Traditionen. Um die Bilder verstehen zu können, braucht es schon ein gerütteltes Maß an Hintergrundwissen, doch gerade das macht die Galerie so interessant, sind doch in ihr viele alte Volksbräuche auf ästhetisch wunderschöne Weise illustriert.


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